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Agogik-Rahmenkonzept

Ein Handbuch zur professionellen Begleitarbeit der Stiftung zuwebe

«Nur wer weiss, wo er hinsegeln will, setzt die Segel richtig» (Jürg Meier).

Unser Agogik-Rahmenkonzept legt den Kurs für die Stiftung zuwebe fest, damit die Segel richtig gesetzt werden. Es beschreibt die agogischen Prinzipien und Methoden sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen und Theorien, nach denen die Begleit- und Betreuungsleistungen erbracht werden. Damit wurde eine gemeinsame Grundlage geschaffen, um unsere Klientinnen und Klienten hochprofessionell und nach modernen theoretischen und wissenschaftlichen Standards zu begleiten.

Unser Agogik-Rahmenkonzept ist ein Handbuch und wird neuen Mitarbeitenden jeweils am ersten Arbeitstag abgegeben. Zudem finden während dem Jahr mehrere Weiterbildungen für unser Fachpersonal statt, um die gemeinsamen Haltungen und Werte zu diskutieren und eine gemeinsame Kultur innerhalb der Stiftung zuwebe zu prägen. Nachfolgend finden Sie eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte aus dem Agogik-Rahmenkonzept.

Gesetze und Standards

Gesetze und Standards

Die agogische Arbeit der zuwebe gestaltet sich vor dem Hintergrund nationaler und internationaler Übereinkommen, Gesetze und Verordnungen und richtet sich nach anerkannten Standards und Normen. Dazu gehören diese:

 

Gesetze und Richtlinien

UN-Behindertenrechtskonvention

Einen besonderen Stellenwert hat die UN-Behindertenrechtskonvention, abgekürzt BRK. Die BRK übernimmt die Allgemeinen Menschenrechte der Menschenrechtserklärung von 1948 und überträgt sie auf die besondere Situation der Menschen mit Behinderungen. Dies mit dem Ziel, dass Menschen mit Beeinträchtigungen ihre Rechte in gleichem Masse ausüben können wie Menschen ohne Behinderungen. Die Grundsätze zur Gleichberechtigung werden in der BRK für verschiedene Lebensbereiche konkretisiert: Freizeit, Mobilität, Kommunikation, Information, Bildung, Familie, Justiz, Sicherheit, Arbeit usw.

Wie die BRK in der Praxis konkret umgesetzt wird, ist von den Organisationen, den Fachpersonen, den Betroffenen, den gesellschaftlichen Verhältnissen und dem kulturellen Kontext abhängig und kann unterschiedlich aussehen. Unser Agogik-Rahmenkonzept konkretisiert die BRK für die Umsetzung in der agogischen Praxis in der zuwebe. Die zuwebe überprüft und reflektiert ausserdem das agogische Handeln sowie die Strukturen in der Praxis nach den Grundsätzen der BRK und ist bemüht, dass die Klientinnen und Klienten über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt werden.

Die drei Leitsterne

Ein Leitstern ist ein besonderer Stern, der als Orientierungspunkt dient. Der Leitstern der Seefahrer ist der Polarstern. An diesem orientieren sie sich, um auf Kurs zu bleiben, denn, im Vergleich zu den anderen Sternen, ändert sich seine Position im Laufe der Nacht nicht.

Die Stiftung zuwebe orientiert sich an den drei Leitsternen: Inklusion, Empowerment und Sozialraumorientierung. Die Leitsterne geben Orientierung bei der Ausrichtung der täglichen Arbeit und bei anstehenden Entscheidungen.

 

Integration - InklusionInklusion

Gelungene Inklusion ist, wenn jeder Mensch mit all seinen Eigenschaften und Eigenheiten überall dabei sein kann und gleichberechtigt an der Gesellschaft teil hat. In der inklusiven Gesellschaft werden alle Menschen als gleich unterschiedlich wahrgenommen und behandelt. 

Inklusion ist unser Ziel. Diese wird mittels der Realisierung höchstmöglicher Integration unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und unter Wahrung der individuellen Wahl oder Entscheidungsfreiheit angestrebt.


Empowerment

Empowerment wird übersetzt mit «Selbstermächtigung» oder «Selbstbefähigung». Darunter verstanden wird die grösser werdende Möglichkeit der Menschen, Entscheidungen in Bezug auf ihr Leben selbst zu treffen und diese Entscheidungen in die Tat umzusetzen.

Ziel von Empowerment ist die Förderung der Fähigkeit für selbstständiges und selbstbestimmtes Handeln und das Eröffnen von Möglichkeiten, um diese Fähigkeit einzusetzen. Eine «neue Kultur des Helfens», in der die Hilfe zur Selbsthilfe eine wichtige Rolle einnimmt, ist dazu nötig.

Klientinnen und Klienten sollen dazu ermutigt und darin unterstützt werden, ihre eigenen Stärken zu entdecken und ihre Ressourcen zur Problemlösung einzusetzen.
 

Sozialraumorientierung

Sozialraum nennen wir die Umgebung, in der ein Mensch lebt: Wie ist der Wohnort? Wie ist der Arbeitsort? Was gibt es dort? Welche Menschen leben dort? Welche Essmöglichkeiten gibt es dort? Was kann man dort noch machen? Das alles ist der Sozialraum. Sozialraum ist mehr als Raum im herkömmlichen Sinne. Sozialraum schliesst die Personen, die sich darin bewegen mit ein. Raum wird nicht nur als ein Ort verstanden, sondern damit gemeint sind auch die Aktivitäten und Beziehungen, die darin stattfinden.


Ziel der Sozialraumorientierung (SRO) ist es, Lebenswelten zu gestalten und Verhältnisse zu schaffen, welche es ermöglichen, in schwierigen Lebenslagen besser zurechtzukommen. Kernaussage der SRO ist, dass nicht die Menschen, sondern die Verhältnisse verändert werden sollen und gute Lebensbedingungen geschaffen werden müssen. 
 

Kommunikation und Kooperation

Kommunikation und Kooperation sind Schlüsselfaktoren für das Wohlbefinden der Klientinnen und Mitarbeitenden sowie für eine optimale und professionelle Aufgabenerfüllung. Deswegen hat die zuwebe im Agogik-Rahmenkonzept eine gemeinsame klare Grundlage für die Kommunikation und Kooperation erarbeitet. 

In der internen und externen Zusammenarbeit werden stets die Ressourcen des Klienten oder der Klientin sowie die Urteils- und Handlungsfähigkeit mitberücksichtigt. Bei der Zusammenarbeit mit externen Partnerinnen und Partnern werden ausserdem die Richtlinien des Datenschutzes und der Schweigepflicht eingehalten.

Die Zusammenarbeit wird aktiv nach den Grundsätzen der systemischen Sichtweise und dem lösungsorientierten Ansatz gestaltet. Sie ist geprägt durch Offenheit, Einfühlungsvermögen, Respekt/Wertschätzung und Vertrauen.

Offenheit, Einfühlungsvermögen, Respekt/Wertschätzung und Vertrauen

Offenheit meint, sich auf das Gegenüber einzulassen, aktiv zuzuhören, nachzufragen und klare und transparente Kommunikation des eigenen Standpunktes. Das Personal informiert über seine Möglichkeiten und Grenzen, seine Arbeitsweisen und Methodenwahl, seine Befugnisse und Kompetenzen sowie über den Einbezug anderer Fachpersonen und ist sowohl den Klientinnen und Klienten als auch gegenüber den Kolleginnen und Kollegen transparent.

Einfühlungsvermögen meint, sich in die Gefühle des Gegenübers einzufühlen und sich in seine Situation hineinzuversetzen.

Respekt meint Respekt vor dem Gegenüber, seinen Entscheidungen und seiner Ansicht mit dem Wissen, dass jeder eine eigene Sicht der Welt hat und haben darf. Die Zusammenarbeit und die Stärken  des Gegenübers sollen wertgeschätzt werden. Dazu gehört aber auch, Selbstrespekt zu wahren und seiner eigenen Person mit Wertschätzung zu begegnen.

Vertrauen meint Vertrauen in die Lösungskraft und in die Ressourcen des Gegenübers. Durch die eigene Verlässlichkeit, Klarheit und Ehrlichkeit soll eine Basis für das Vertrauen des Gegenübers geschaffen werden.

Systemische Sichtweise

Aus der systemischen Sicht ist nicht der einzelne Mensch das Objekt der Betrachtung, sondern der Mensch in seinem sozialen Umfeld. Sowohl die Situation als auch das Verhalten einer Person sind in der Regel nicht nur abhängig von dieser Person, sondern auch von ihrer Umwelt, von anderen Personen und anderen Systemen. Deshalb gibt es für ein Verhalten oder einen Umstand immer mehrere, meist wechselwirksame, Erklärungen oder Ursachen und erwünschte Wirkungen in einem Lebensbereich lassen sich häufig nur durch Entwicklungen in einem anderen Bereich realisieren. Deshalb ist es uns ein Anliegen, das ganze soziale System des Klienten oder der Klientin zu betrachten und miteinzubeziehen.

Lösungsorientierter Ansatz (LOA)

Der Lösungsorientierten Ansatz, abgekürzt LOA, baut auf der systemischen Sichtweise auf. Nach LOA wird davon ausgegangen, dass es hilfreicher ist, sich auf Wünsche, Ziele, Ressourcen und Ausnahmen von Problemen zu konzentrieren, anstatt auf Probleme und deren Entstehung. 

LOA schlägt des Weiteren eine Reihe von Methoden zur Gesprächsführung vor. Diese zeichnen sich einerseits dadurch aus, dass der Fokus immer auf der Lösung und nicht auf der Entstehung des Problems liegt, andererseits werden Lösungen angestrebt, die von der betroffenen Person selbst und nicht vom beratenden bzw. begleitenden Menschen entwickelt werden.

Unterstützte Kommunikation (UK) und Leichte Sprache

Unterstützte Kommunikation,  abgekürzt  UK, hat zum Ziel, allen Menschen mit  unterschiedlichen  Voraussetzungen  Kommunikation  zu  erleichtern. UK ist die deutsche Bezeichnung für das internationale Fachgebiet «Augmentative and Alternative Communication (AAC)». Wörtlich übersetzt bedeutet der englische Fachausdruck «ergänzende und ersetzende Kommunikation». Damit sind alle pädagogischen oder therapeutischen Massnahmen gemeint, die fehlende Lautsprache ergänzen oder ersetzen, um die kommunikativen Möglichkeiten zu erweitern. Die Massnahmen reichen von einfachen Gesten, Bildern, grafischen Symbolen, Gebärden bis hin zu technischen Kommunikationshilfen mit künstlicher Sprachausgabe. 

Leichte Sprache ermöglicht den Zugang von Informationen für alle. Durch kurze Sätze und einfache Wortwahl entsteht eine leicht verständliche Sprache. Im direkten Kontakt mit Klientinnen und Klienten wird angestrebt, Leichte Sprache zu verwenden. 
 

Modelle und Methoden zur Begleitung

Kooperative Prozessgestaltung (KPG)

Die zuwebe richtet sich für die professionelle Begleitarbeit nach dem Modell der Kooperativen Prozessgestaltung. Dies ist ein anerkanntes Modell aus der Sozialarbeit, welches an vielen Ausbildungsstätten gelehrt wird. Kooperativ bedeutet, dass die agogische Begleitung zusammen mit den Klienten und Klientinnen bestimmt und umgesetzt wird. Es wird unterschieden zwischen Leistungserbringung in Form von Unterstützungszielen und persönlichen Bildungszielen.

Funktionale Gesundheit und ICF

Das Konzept der Funktionalen Gesundheit ist ein Modell, mit welchem Zusammenhänge und Wirkungen von Gesundheitsproblemen, Beeinträchtigungen und Behinderungen erkannt werden können. Es zeigt auf, welche Faktoren bei der Entstehung von Behinderung eine Rolle spielen und hilft systematisch, Ressourcen und Defizite der Umwelt aufzuspüren.


Im Rahmen der Kooperativen Prozessgestaltung werden diese Zusammenhänge analysiert und die Entwicklungsmöglichkeiten (Ziele) entsprechend gestaltet.


ICF (Deutsch: Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit) ist die international gültige Klassifikation der Funktionalen Gesundheit und dient der Beschreibung der Lebenssituation einer Person.
 

Weitere Themen bei der Begleitung

Im Alltag in der Arbeit mit Menschen gibt es jeden Tag neue und andere Herausforderungen. Fragen, die sich stellen sind zum Beispiel: 

•    Was braucht der Klient oder die Klientin, damit er oder sie weder über- noch unterfordert ist?      Überfordere ich ihn oder sie zum Beispiel wenn ich ihn oder sie alleine zum Einkaufen schicke?
 
•    Was tue ich, wenn mir jemand erzählt, dass er nicht mehr leben möchte?

•    Wie werden die Klienten und Klientinnen vor Gewalt und Grenzverletzungen geschützt?

•    Worin besteht meine Aufgabe und wie weit reicht meine Verantwortung, wenn zwei Klientinnen oder Klienten oder ein Paar miteinander im gleichen Zimmer schlafen möchten?

Um bei diesen Fragen Orientierung zu geben, werden die Grundhaltung sowie allenfalls Verhaltensvorgaben zu den einzelnen Themen, wie zum Beispiel Entwicklung, Liebe und Sexualität, Gewaltprävention oder Suizidalität im Agogik-Rahmenkonzept sowie in weiteren mitgeltenden Dokumenten geklärt. Dabei werden immer der geltende rechtliche Rahmens sowie die wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie anerkannte Theorien berücksichtigt. 

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